Abkürzungen

suzieq

Abkürzungen machen das Leben leichter. Dies gilt z. B. (und u. a., und v.a. – sie wissen, was gemeint ist, gell?) beim Laufen: wie oft spart man doch Zeit und Energie, indem man die Abkürzung übers Feld, durch den Wald, durch die Unterführung oder übers Bahngleis (nein – dieses lieber nicht) nimmt. Oft ist die Abkürzung der inoffizielle Weg (also zwischen den Bäumen hindurch, anstatt auf dem von der Gemeinde angelegten Spazierweg zu bleiben). Manchmal ist es sogar der verbotene Weg über ein Privatgrundstück (warum sollte man nicht die direkte Verbindung zwischen zwei Strassen nutzen, bloss weil ein Schild mit der Aufschrift "Privatweg" dran steht, nicht?). Man will ja schnell ans Ziel kommen, und sich nicht von irgendjemandem den Weg dorthin vorschreiben lassen. Abkürzungen sparen auch viel Zeit beim Schreiben. Wo käme man hin, wenn man z. B. jedes Mal "zum Beispiel" ausschreiben wollte, gell? "Z. B." kennt heute jedes Kind, genauso wie "etc.", "usw." und "k.o.". Aber weiss jedes Kind auch, was sie bedeuten? Mindestens jeder zweite Erwachsene weiss sicher nicht, was "et cetera" heisst, und noch kaum einer ist wohl durch "knocked-out"-Tropfen ausgeknockt worden (oder heisst es "ok-Tropfen? Und was heisst eigentlich "ok"?). Auch in der Business-Welt sparen Abkürzungen viel Zeit, und Zeit ist schliesslich Geld. Also nicht lange fackeln und über die E-Mail nur "FYI" schreiben (für die Oldies in unseren Büros: früher sagte man dazu "z. K." – dies FYI, äh, zu eurer Information). "Wir brauchen den Text ASAP" – will heissen, sofort (und nicht, wie viele meinen, so schnell es eben geht). Im E-Mail-Zeitalter wurde das umständliche "Mit freundlichen Grüssen" sogar in der Signatur schon längst durch "MfG" ersetzt. In letzter Zeit hat sich dagegen als abschliessende Grussformel "Lg" durchgesetzt (es soll Angestellte geben, die die "lieben Grüsse" als Tarnung nutzen, um ihrem oder seiner Angebeteten versteckte Liebesgrüsse zu senden). Wem dies nicht lieb genug ist, der hat die Möglichkeit "Glg" (ganz liebe Grüsse) oder "Slg" (sehr liebe Grüsse) zu senden. Manche beklagen sich über den Abkürzungswahn und finden, er ruiniere unsere Sprache. Sie haben u. U. (Sie wissen doch, was das heisst?) nicht unrecht, doch bieten Abkürzungen auch ganz neue Möglichkeiten der individuellen Meinungsäusserung. Wie das denn, werden Sie fragen. Ganz einfach: erfinden Sie einfach neue, die ausser ihnen noch niemand kennt. Sie werden merken, wie wohltuend es sein kann, eine E-Mail an die ungeliebte Kollegin mit "DbK" zu beginnen ("du blöde Kuh" geht in unserer Zivilisation einfach nicht). Versuchen Sie es – werden Sie mutig und schreiben Sie Ihrem Kollegen "DgR" (du grosses Rindvieh). Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Schreiben Sie Ihrem Bankberater "DaBuA" (du alter Betrüger und Abzocker). Seien Sie kreativ und vermeiden Sie allzu leicht zu erratende Abkürzungen ("LmaA" als Abschluss-Grussformel kann unliebsame Folgen für den Absender haben und zeugt von mangelnder Phantasie). Und falls jemand intelligent genug ist, um die versteckte Andeutung zu erraten, sagen Sie einfach "die Katze ist über die Tastatur gelaufen" oder "oh Mist, ich habe mich vertippt".